Badische Zeitung vom Dienstag, 13. November 2007
Steinener Kunstfördervereine erinnerten mit einer Matinee an die Künstlerin Meret Oppenheim
Von unserer Mitarbeiterin Roswitha
Frey
STEINEN. Das Plakat mit der "Pelztasse" wies den Weg zur "Hommage
an Meret Oppenheim" im Foyer des Schulzentrums. Und die magische
Anziehungskraft der großen "Zauberin" der surrealistischen Kunst
wirkte, wie die voll besetzten Besucherreihen zeigten. Die
Fördervereine "Steinfrau aus Steinen" und "Kunst & Kultur in
Steinen" erinnerten in dieser Matinee mit Musik, Vorträgen, Infotafeln
und Schülerarbeiten an die berühmte Künstlerin, die in Steinen
aufwuchs. Den Hauptteil des Programms bestritten die "VokaLiesen" , ein rein weiblich besetztes Vokalensemble, das mit Charme, Witz und Humor verschiedenste Lieder, Schlager und Chansons sang. Kess und immer mit einem ironischen Augenzwinkern brachten die Sängerinnen Hilke Hänßler, Alexandra Kapitz, Almut Weber-Kapp und Heinke Hoffmann und ihre Pianistin Ursula Müller-Riether Evergreens der Comedian Harmonists wie "Mein kleiner grüner Kaktus" oder den Dauerbrenner "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" auf die Bühne. Nicht nur stimmlich konnten die Damen in dieser Gesangsrevue glänzend unterhalten, sondern auch singschauspielerisch mit Szenen, Parodien und Kostümierungen. Da wurden Liebe und Eifersucht schmachtend inszeniert wie in "O Donna Klara" . Aber auch das Hildegard-Knef-Chanson "Für mich soll’s rote Rosen regnen" oder das elegant-frivole "In der Bar zum Krokodil" servierten die "VokaLiesen" mit sängerischer Verve.
Ingrid Jennert vom Förderverein "Steinfrau aus Steinen" fand auch gleich eine Verbindung zwischen den "VokaLiesen" und Meret Oppenheim: die Liebe zu Verkleidungen. Meret Oppenheim habe zum Beispiel wunderbare Masken gemacht und war bekannt für ihre ausgefallenen Ideen und Kostüme.
Über das Werk und die Persönlichkeit der Künstlerin referierte Bodo Würffel in seinem mit Dias unterlegten Vortrag. Rätselhaft und anziehend zugleich, wie ein Objekt von einem anderen Stern — so beschrieb er eine Brunnenstele von Oppenheim. Allein schon ihr Vorname, der aus dem "Grünen Heinrich" von Gottfried Keller stammt, die legendären Fotografien von Man Ray, die Porträtstudie mit Tätowierungen oder die verrätselten Gedichte charakterisierten eine Künstlerin, die sich nicht "einmauern" ließ. Das mache die Faszination und den Reichtum ihres Werks aus, meinte Würffel. Ihre kühne Freiheit, die intuitive Spontaneität, die immer wieder zu neuen Ufern und neuen Formen führte, das sei es, was an dieser Künstlerin zugleich irritiere und fasziniere. Ihr Kosmos sei bevölkert von Unbewusstem, Träumen, Masken, Geistern und Metamorphosen, aber auch von Humor und hintergründiger Ironie. In einer kurzen "Talkrunde" mit Ingrid Jennert erzählte Künstler Jürgen Brodwolf aus Kandern von seinen persönlichen Begegnungen mit Meret Oppenheim in den 70er Jahren. Faszinierend fand er nicht nur ihre Person, sondern auch ihren Mut, sich in neue Bereiche zu wagen. Und das zu einer Zeit, in der das für Frauen in der Kunst nicht selbstverständlich war. In dieser Beziehung sei Meret Oppenheim eine Vorkämpferin, eine Leitfigur für viele junge Künstlerinnen gewesen: "Das hat enorm gewirkt und wirkt weiter" .
Meret Oppenheim war auch eine anerkannte Dichterin. So las Magda Brase von der Spielbühne Schopfheim einige Gedichte der Künstlerin, die meist autobiografisch inspiriert sind. Begleitet wurde die Rezitation von Fotos aus Meret Oppenheims Leben und Familie. Wie inspirierend die Künstlerin heute noch wirkt, zeigten auch die beeindruckenden Schülerarbeiten, die bei einem schulischen Kunstprojekt entstanden sind. Angeregt von Oppenheims Porträt mit Tätowierungen, haben Schüler Fotoporträts vor Folienprojektionen erstellt. So sind die Gesichter von bizarren, fantastischen Mustern überzogen. Auch in anderen Schülerwerken wurden Fotoporträts surreal verfremdet. Andere Schüler griffen das Werk "Die Waldfrau" in Zeichnungen mit Holzcollagen auf, wieder andere malten Bilder oder schufen "Masken" , gestalteten originelle Objekte aus Haushaltsgegenständen und Gedichte aus Buchstabennudeln oder entwarfen Modelle für einen Meret-Oppenheim-Brunnen.